Der Galerist

Pünktlich um 9:30 Uhr, wie verabredet, treffen wir in der Galerie von Conrad ein. Er empfängt uns, als hätten wir uns erst vor wenigen Wochen letztmals gesehen, nicht wie tatsächlich vor vielen, vielen Jahren. Auch er ist eine absolute Kindheitserinnerung für mich, ist scheinbar nicht älter geworden. Mit unveränderter Verve, gestikulierenden, kraftvollen Händen, seiner starken Stimme und expressiven Mimik führt er uns unmittelbar in tiefste Tiefen des Schaffens der wirklich beeindruckenden, energiegeladenen 90-jährigen Künstlerin ein, die er gerade ausstellt (E.R. Nele). Auch hier wieder wie gestern: Mutti ist, glaube ich, völlig überfordert, kann das alles gar nicht mehr richtig aufnehmen, geschweige denn verarbeiten, geht aber auf charmanteste Weise in schlafwandlerischer Sicherheit darüber hinweg, kommentiert dies, verlängert das. Vieles macht nicht so viel Sinn, Conrad verzieht aber keine Miene und erzählt einfach weiter.

Ich spüre, wie sehr er sie achtet, auch wenn, insbesondere am Beginn der Galeristin-Tätigkeit meiner Mutter, sie sich gegenseitig nichts geschenkt und sich auch so manches Mal beharkt hatten, fühlten sie sich letztlich doch auch irgendwie als Wettbewerber in Präsentation, Ausstellungen und Verkauf der Werke von Esteban Fekete. Sie hatten sich über die Jahre aber sehr gut und einander wertschätzend arrangiert. „Eine sehr bewundernswerte Frau, mit Seele, Tiefgang und Kenntnis” schrieb er mir später über meine Mutter. Gerne erinnere ich mich und wir uns an unsere gemeinsame Fahrt nach Budapest anlässlich des 65. Geburtstages von Esteban im Jahr 1989 und dieser späten, genugtuenden Ehrung von ihm in der Nationalbibliothek seiner Geburtsstadt.

Während er Kaffee macht, geht Mutti von Skulptur zu Skulptur, ist ganz da, lässt sich von den Kunstwerken berühren, wahren Feuerwerken luftiger Metall-Skulpturen. Zart streicht sie über das schwankende Meer rund um ein (Flüchtlings)boot. „Aus Eisen, solch ein hauchzartes Gewebe!” Ob sie das deswegen so erreicht, weil das der Stoff ist, mit dem sich ihr Mann, mein Vater, als Gießer Zeit seines Berufslebens akribisch beschäftigt hatte?

Video – Portrait

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