Die betrunkene Kuh

Wv 292 "Die betrunkene Kuh"

Wv 292 „Die betrunkene Kuh“

„Du Mistkerl, was machst du da für ein Gekleckse?“ Ich malte tapfer weiter und antwortete nicht. „Schaut mal her, der bringt uns noch das Unglück ins Haus“, schrie eine Frau. Da kam der alte Bauer zu mir und musterte die Leinwand: „Hast du verstanden? Die Jungvermählten sollst du malen, so wie sie sind, jung und schön, und nicht wie sie sterben werden. Du hast bei uns gegessen und getrunken, dafür mußt du auch etwas tun.“

Ich tat es. Aber auch ich war damals sehr jung und hatte meine Prinzipien. Und was noch wichtiger war: ich hatte meinen Stil zu malen bereits gefunden. Es war gleich nach Kriegsende in Ungarn. Ein Freund hatte mir geraten, die Bauern zu malen und mich dabei satt zu essen; in Budapest war das nicht möglich. So war ich auf einer Bauernhochzeit gelandet.

Der Alte schaute noch immer auf die Leinwand und geriet langsam in Wut. Auch andere Gäste kamen dazu. „Basszameg!“ Der nationale Kampfschrei wurde immer lauter, und irgendwo blitzte schon ein Messer. Ich wußte nicht, was ich aufgeben sollte, meine Prinzipien oder mich selbst. Schließlich gelobte ich, meinen Malstil stets treu zu bleiben, falls diese Sache glücklich für mich ausgehen sollte.

Auf einmal verdunkelte sich die Stube. Eine riesige Kuh stand in der Tür und schirmte das grelle Sonnenlicht ab. Alle schauten auf die Kuh. sie torkelte herein und muhte auf eine sonderbare Weise. Der Ärger über mein Bild war vergessen, denn die Kuh wankte in der Stube herum und muhte ununter-brochen. Ich packte schnell meine Sachen zusammen und verzog mich. Gleich im Hof begegnete ich einem schluchzenden Burschen. „Der Vater wird mich zu Tode prügeln. Er wird nie glauben, daß die Kuh den Wein alleine gesoffen hat. Ich hatte einen Eimer voll aus dem Keller geholt. Aber der Eimer war so schwer, und ich mußte sehr aufpassen, um nichts zu verschütten. Der Alte hatte mich gewarnt. Da stellte ich den Eimer unter den Baum, um zu verschnaufen. ich konnte gar nicht schnell genug aufstehen, wie sie ihn leer machte!“

Ich versuchte den Burschen zu beruhigen. „Deine Kuh ist in die Stube gegangen und feiert mit. Du brauchst keine Angst zu haben. Für so einen Spaß kann man sogar einen Eimer Wein verschmerzen. Der Alte ist bester Laune.“

Ich selbst aber ging nach Hause. Mein Versprechen habe ich bis heute gehalten.

Video – Portrait

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